Safer Sex

Safer Sex ist eine Methode, Maßnahme, Strategie zur Risikominimierung und bedeutet, das Risiko einer Ansteckung mit HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen und Krankheiten zu verringern

Der Begriff kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „sicherer Sex“ im Gegensatz zu „Sex ohne Schutz“. „Safer“ ist der Komparativ (grammatikalische Steigerungsform) des Verbes (Tu- oder Eigenschaftswortes) und meint damit, dass es keinen absoluten Schutz vor Infektionen gibt, aber dass Risiken durch bestimmte Maßnahmen gesenkt werden können.

Da es nicht nur eine Safer-Sex-Strategie gibt, hast du auch die Möglichkeit, eine Verknüpfung mehrerer Strategien vorzunehmen. Aus diesem Grund ist es für dich wichtig zu verstehen, wie die einzelnen Ansätze funktionieren, damit du dir deinen individuellen, für dich zugeschnittenen Weg wählen kannst. Durch das Anwenden von Safer-Sex-Strategien sollen aber die Lust, das Vergnügen, der Genuss nicht auf der Strecke bleiben, im Gegenteil.

Menschen, die Sex mit anderen Menschen haben, wissen, dass es nicht immer leicht ist, Safer-Sex-Strategien einzuhalten. Das Nicht-Einhalten-können kann viele Gründe haben. Es geht nicht darum, diese zu be- bzw. verurteilen, sondern einige beispielhaft zu benennen, um Möglichkeiten aufzuzählen und Alternativen aufzuzeigen sowie dich zu ermutigen, über Safer-Sex-Strategien zu sprechen und sie anzuwenden. Denn in erster Linie geht es um deine Gesundheit und um deinen Körper.

Safer-Sex-Methoden
Risiken zu minimieren bedeutet, ein ungeschütztes Eindringen oder der Kontakt von Fäkalien wie Kot, Körperflüssigkeiten wie Samen- oder Vaginalflüssigkeit, Blut oder Blutspuren von Anderen zu vermieden. Grundsätzlich gilt für HIV-Infektionen, dass die Mundschleimhaut viel robuster als die Darm- oder Vaginalschleimhaut ist und dass Speichel die infektiösen Flüssigkeiten verdünnt.

Jede nachfolgend aufgeführte Safer-Sex-Methode schützt wirksam vor einer HIV-Übertragung, wenn sie richtig angewendet wird. Allerdings verhindern sie nicht auch gleichzeitig andere STI, weil die Übertragungswege z.T. andere sind.

Kondome und Femidome beim Sex sorgen dafür, dass HI-Virus nicht auf Schleimhäute und in den Körper gelangt.
Schutz durch Therapie: Somit kann HIV beim Sex nicht mehr übertragen werden.
Wichtig: Die HIV-Medikamente müssen regelmäßig eingenommen und die Wirkung der Medikamente muss regelmäßig ärztlich überprüft werden. Ebenso sollte auch keine weitere STI.
PrEP schützt vor einer Ansteckung mit HIV, nicht aber vor Ansteckungen mit anderen STIs.

Safer-Sex-Strategien
Wir empfehlen dir als Safer-Sex-Regel bei eindringendem Sex nur mit Kondomen bzw. Femidomen, beim Blasen und beim Rimming besteht ein vernachlässigbares, geringes HIV-Übertragungsrisiko, aber andere STI-Risiken bleiben bestehen. Falls ejakuliert (einen Samenerguss haben) wurde, sollte das Sperma ausgespuckt werden. Beim Abspritzen im Rachen (deep throat) ist Schlucken besser, weil die Verweildauer im Mund kürzer ist. Die Aufnahme beim Blasen von Vaginalsekret oder Menstruationsblut ist für HIV vernachlässigbar, weil sich das Sekret im Mund mit dem Speichel vermischt und dadurch eine Verdünnung besteht, die das Infektionsrisiko für HIV, nicht aber für andere STI senkt. Deshalb unser Safer-Sex-Tipp an dich: Entweder „raus, bevor‘s kommt“ also Ejakulation im Mund vermeiden oder Kondome bzw. Dental Dams verwenden.

Safer Sex bedeutet nicht nur, sich beim Sex möglichst konsequent zu schützen. Mindestens ebenso wichtig ist, dass du handelst, wenn etwas passiert ist, also wenn es zu einem Risikokontakt (mögliche Infektionsübertragung) gekommen sein könnte. Lass Dich in diesem Fall beraten und/oder testen. Safer-Sex schützt sehr gut vor HIV, jedoch können in bestimmten Fällen andere sexuell übertragbare Infektionen und Krankheiten trotzdem übertragen werden. Für HIV gibt es übrigens auch die Möglichkeit, sich mit PrEP vorbeugend zu schützen. Dafür empfehlen wir dir eine Beratung beim Maincheck oder beim Checkpoint.

Ist es zu einem Risikokontakt gekommen, kann eine PEP gemacht werden. Hierzu kannst du dich tagsüber an HIV-Schwerpunktpraxen oder eine HIV-Ambulanz wenden. Menschen ohne Krankenversicherung oder ungeregeltem Aufenthaltsstatus sollten sich an die regionalen AIDS-Hilfen wenden. Grundsätzlich für alle Menschen gilt: Bei Fragen hilft die Telefonberatung der AIDS-Hilfen in Deutschland. Die telefonische Beratung der AIDS-Hilfen hat die bundesweit einheitliche Nummer 0180 33 19411 – maximal 9 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz, maximal 42 Cent/Min.

Rede nur über jene Safer-Sex-Methoden, die du magst, die du kennst, die du bevorzugst. Das gibt dir Sicherheit und Selbstvertrauen. Auch wenn es schwerfällt, ist es immer besser, im Voraus dein Gegenüber darüber zu informieren, was du sexuell machen möchtest und was nicht. Die Erfahrung zeigt, dass während dessen selten die Notbremse gezogen wird. Es ist auch einfacher, Entscheidungen im Vorfeld zu treffen, wenn also noch kaum oder noch keine Erregung oder auch noch kaum oder kein Alkohol oder andere Substanzen (Drogen) im Spiel sind und Entscheidungen mit klarem Verstand, Kopf getroffen werden können. Es hängt von dir und deiner Haltung ab, ob du Safer-Sex erwartest oder ob du auch bereit bist, von deiner Haltung abzugehen. Es ist dein Körper und deine Gesundheit.

Neben den Safer-Sex-Regeln gibt es weitere Möglichkeiten, das Risiko einer HIV-Infektion zu reduzieren. In einer festen Beziehung machen beide Partner*innen einen HIV-Test. Werden beide negativ getestet und haben beide keinen Sex mit anderen, dann können sie z.B. auf Kondome/Femidome verzichten. Diese Safer-Sex-Strategie wird auch als „Bilanztest“ bezeichnet. Diese Strategie erfordert ein hohes Maß an Vertrauen, weil sich beide Seiten voll und ganz aufeinander verlassen können müssen.

Dann gibt es Paare, die eine „offene Beziehung“ leben und Sex mit anderen haben. Außerhalb der Paarbeziehung wird nur Safer-Sex gemacht, so dass sie dann innerhalb der Paarbeziehung auf Kondome/Femidome verzichten können. Dieses Führen einer offenen Beziehung erfordert, dass das Paar klare Absprachen trifft, ein hohes Maß an Aufrichtigkeit und auch Vertrauen gehört ebenfalls dazu. Hier ist wichtig, dass jede*r seine Verantwortung erkennt und auch übernimmt. Diese Safer-Sex-Strategie wird als „Ausgehandelte Sicherheit“ bezeichnet.

Wichtig ist, Safer-Sex-Regeln zu finden, die für dich gut passen. Da Menschen unterschiedliche sind, haben sie auch unterschiedlichen Sex, an dem unterschiedlich ausgestattete Körper beteiligt sind – ist doch klar, dass es da keine Methode gibt, die für alle passt. Ob und welche du anwendest, musst du entscheiden.
Du kannst beispielsweise dazu überlegen
• wie groß dein Schutzbedürfnis ist
• wie du Sex hast und welche Methoden dafür passend sein könnten
• welche Methoden zu den Körpern passen, die beteiligt sind
• welche Methode für dich einfach in der Anwendung ist (auch wenn Übung immer hilft)
• mit welcher Methode du dich am wohlsten fühlst.

Safer-Sex-Tipps und Risikominimierungsstrategien in Kürze
Unabhängig von deiner sexuellen Orientierung und deiner Geschlechtsidentität besteht das Risiko, sich mit sexuell übertragenden Infektionen und Krankheiten anzustecken bzw. diese wiederum an deine Sexpartner*innen weiterzugeben. Viele Menschen benutzen Kondome, nicht nur bei Anal- und Vaginalverkehr, sondern auch beim Oralverkehr. Safer Sex bietet Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen und Krankheiten, insbesondere vor HIV. Daher dient Safer-Sex der Gesundheit und dem Wohlbefinden und auch Wohlfühlen beider Sexpartner*innen und ist als Schutz vor HIV einfach lebenswichtig.

• Beim Anal- und Vaginalverkehr immer ein Kondom verwenden.
• Beim Anal- und Vaginalverkehr sollte immer zusätzlich ein wasserlösliches Gleitmittel verwendet werden.
• Bei Oralverkehr die Aufnahme von Sperma in den Mund vermeiden.
• Bei Oralverkehr mit cis-weiblichen Personen und trans* männlichen Personen ohne geschlechtsangleichende OP, die Aufnahme von Scheidenflüssigkeit in den Mund vermeiden, indem Dental Dams verwendet werden. Das sind Latextücher, die auf die Vaginalöffnung gelegt werden, am besten mit wasserlöslichem Gleitmittel. Aufgeschnittene Kondome oder Frischhaltefolie können diese im Bedarfsfall ersetzen. Ein solcher Schutz ist besonders während der Menstruation wichtig.
• Bei gemeinsamer Benutzung von Sexspielzeugen sollte bei jedem*jeder Sexpartner*in ein neues Kondom verwendet werden oder vor der Weitergabe das Sexspielzeug z.B. mit Seifenwasser oder mit einem Desinfektionsmittel reinigen.
• Beim Fisten Latex-Handschuhe, reichlich wasserlösliches Gleitmittel verwenden und auf kurze Fingernägel achten.
• Kein Sperma, Blut, Urin und Kot in offene Wunden und/oder in die Schleimhäute kommen lassen.
• Bei Kondomen oder Dental Dams sollte darauf geachtet werden, dass die Packung unbeschädigt ist, das Haltbarkeitsdatum nicht überschritten wurde und auf der Verpackung eine CE-Nummer oder das EN-600-Zeichen als geprüfte Qualitätsware vorhanden ist.
• Kondome sollten vor Hitze, vor Druck und vor spitzen Gegenständen geschützt werden.
• Kondome sollten am besten nach 30 Minuten, aller spätestens jedoch nach 45minütigem Gebrauch unbedingt gewechselt werden.
• Gleitmittel sollen nur wasserlöslich und fettfrei sein. Auf keinen Fall dürfen bei Latex-Kondomen als Ersatz Crèmes, Fette, Öle, Lotionen, Vaseline etc. verwendet werden. Fehlt also das fettfreie und wasserlösliche Gleitmittel kann im äußersten Notfall auch Spucke verwendet werden, wobei die Gefahr des Reißens dabei größer wird.

Grundsätzlich gilt:
• je geringer die Menge der infektiösen Körperflüssigkeit, je geringer ihre Viruslast,
• je kleiner und oberflächlicher die Eintrittspforte, je kürzer die Verweildauer der infektiösen Flüssigkeit im Körper/auf aufnahmebereiter Haut oder Schleimhaut und
• je besser der Zustand des Immunsystems, desto geringer ist das Risiko einer HIV-Infektion.

Noch ein paar praktische Tipps und Tricks zur Risikominimierung
Hier zählt, dass neben all der Theorie, die Praxis nicht vergessen werden soll. Denn die Lust, der Spaß, die Unbeschwertheit, die Spontanität, das Verlangen und vieles mehr sollen nicht verloren gehen, auch dann nicht, wenn du im Rausch deiner Gefühle, Empfindungen, Emotionen etc. bist.

Bei vielen Sexpraktiken spielen die Hände und Finger eine große Rolle. Du kannst dich und andere streicheln, in dich und andere eindringen, dich und andere zum Orgasmus bringen. Du kannst dich und andere kneifen, kratzen, fisten und schlagen. Und je nach Praktik kommen deine Finger und Hände mal mehr, mal weniger mit Schleimhäuten oder Blut in Berührung. Schau dir vor doch jetzt einfach einmal deine Finger und Hände etwas genauer an:

• Sind deine Fingernägel kurz oder lang?
• Sind deine Fingernägel spitz, scharf, brüchig, frisch geschnitten oder abgekaut?
• Sind deine Fingernägel aufgeklebt, lackiert oder auch mit Ornamenten verziert?
• Sind deine Fingernägel/Hände sauber?
• Ist dein Nagelbett intakt?
• Ist deine Nagelhaut eingerissen?
• Hast du unbehandelten Nagelpilz?
• Ist die Haut deiner Hände rissig?

Kannst du vielem zustimmen, ist das Verletzungsrisiko auf beiden Seiten erhöht und Infektionen werden möglich. Deshalb solltest du hier als erster Schritt der Vorbeugung auf deine Handpflege achten.

• Wasche deine Hände und Finger mit milder Seife.
• Solltest du rissige, raue Haut an den Händen haben, verhelfen Handcremes zur Geschmeidigkeit. Allerdings können frisch eingecremte Hände, Kondome aus Latex schneller zum Reißen bringen, wenn die Creme ölhaltig ist.
• Achte auf die Fingernägel und die Länge und schneide nicht unbedingt vor dem Sex die Fingernägel, weil sie dann besonders „scharfkantig“ sind.
• Künstliche Nägel sind ein Sammelbecken für Bakterien und aufgeklebte Ornamente können im*in der (Sex-)Partner*in verloren gehen.
• Um herauszufinden, ob deine Haut/Finger intakt ist, reibe sie mit Zitronensaft oder Desinfektionsmittel ein. Wenn es brennen sollte, ist deine Haut, sind deine Finger nicht intakt.
• Sollte Verletzungen vorhanden sein, kannst du Fingerlinge, Einmalhandschuhe oder auch ein Kondom über die Finger ziehen.
• Alles gibt es in unterschiedlichen Farben, Kondome auch in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und wenn du magst, kann dein Mund oder der Mund des*der (Sex-)Partner*in zum Überziehen genutzt werden.
• Du kannst auch, um die Verletzungsgefahr an den Schleimhäuten zu verringern, Gleitmittel benutzen.
• Auch die Fingerlinge, Einmalhandschuhe oder das Kondom sollten von einer auf die andere Person, auch von einer zur anderen Körperöffnung bei der gleichen Person (anal-vaginal) wegen bakterieller Übertragungen gewechselt werden.
• Solltest du all die Möglichkeiten nicht zur Hand haben, dann kannst du dir, um Übertragungen entgegenzuwirken, zwischendurch immer mal die Hände waschen.

Risikominimierungsstrategien im Notfall:
Konnten die Safer-Sex-Regeln nicht angewandt werden oder ist das Kondom abgerutscht, geplatzt oder gerissen, dann gelten folgende Verhaltensmaßnahmen:
• Bei oralem Sex Sperma ausspucken.
• Sollte das Sperma schon tief im Rachen sein, dann runterschlucken.
• Bei Aufnahme von Sperma in die Vagina oder in den Enddarm kann äußerliches Abbrausen zur Risikominderung beitragen.
• Durch Pressen bzw. Stuhlgang kann versucht werden, aufgenommenes Sperma teilweise aus der Vagina bzw. dem Enddarm zu entfernen.
• Kein Vornehmen innerer Spülungen von Vagina oder Enddarm, da dabei die Infektionsgefahr durch mögliche Verletzungen und tieferes Hineinspülen der Krankheitserreger eher erhöht als verringert wird.
• Nach aktivem Anal- oder Vaginalverkehr kann die Infektionsgefahr durch Urinieren und Abbrausen des Penis vermindert werden. Darauf achten, dass bei Vorhandensein der Vorhaut diese zurückgezogen werden muss.