Selbstbestimmungsgesetz und Ergänzungsausweis

Das Selbstbestimmungsgesetz

Das Selbstbestimmungsgesetz (Gesetz über die Selbstbestim-
mung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung
weiterer Vorschriften, kurz: SBGG) ist am 01.11.2024 in Kraft getreten. Damit wird das Transsexuellengesetz (TSG – Verfahren zur Geschlechtseintrags- und
Vornamensänderung) außer Kraft gesetzt und vereinheitlicht diese für trans*,
intergeschlechtliche und non-binäre Menschen. Damit genügt
die Selbstauskunft der Person beim Standesamt zur Änderung
der Angaben.

Unmissverständlich und unverändert bestehen bleibt, dass zwischen dem juristischen Weg einer Personenstandsänderung und dem medizinischen Weg einer Geschlechtsangleichung klar zu unterscheiden ist. Das Selbstbestimmungsgesetz regelt also nur die Korrektur des Geschlechtseintrags und die Änderung der Vornamen im Personenstand. Über geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen entscheiden weiterhin die betreffenden Personen zusammen mit ihren Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen anhand bestehender fachärztlicher Leitlinien.

Bislang dauerte ein TSG-Verfahren etwa neun Monate und kostete durchschnittlich etwa 2000,- Euro. Das Transsexuellengesetz zwang trans* Menschen, auf eigene Kosten oder auf Kosten des Staates – wenn sie selbst das Geld nicht aufbringen konnten, dann konnte eine Verfahrenskostenhilfe beantragt werden – sich in zwei Gutachten diagnostizieren zu lassen, den Geschlechtseintrag korrigieren und den/die Vornamen ändern zu dürfen. Ein Gericht entschied aufgrund der Gutachten, ob der ursprüngliche Geschlechtseintrag korrigiert werden durfte oder nicht.

Durch das Selbstbestimmungsgesetz kann nun die Korrektur des Geschlechtseintrags (in männlich, weiblich, divers, offener Geschlechtseintrag, also keine Angabe) und des Vornamens/der Vornamen durch einen Antrag beim Standesamt erfolgen. Hierzu muss die betreffende Person erklären, dass ihr Geschlechtseintrag geändert werden soll und versichern, dass der gewählte Geschlechtseintrag oder die Streichung des Geschlechtseintrags der eigenen Geschlechtsidentität am besten entspricht. Außerdem muss die Person versichern, dass ihr die Tragweite der Folgen bewusst ist. Die Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens/der Vornamen muss drei Monate vor der Erklärung gegenüber dem Standesamt angemeldet werden. Erst nach Ablauf dieser Frist kann die Erklärung abgegeben werden, die dann sofort wirksam wird. Die Anmeldung wird gegenstandslos, wenn die Erklärung nicht innerhalb von sechs Monaten abgegeben wird.

Hier kannst du die Checkliste für die Änderung des Geschlechtseintrags und Vornamens einsehen.

Nach einer Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens/der Vornamen soll für eine neuerliche Änderung eine Sperrfrist von einem Jahr gelten. Ansonsten gelten die gleichen Voraussetzungen wie für eine erstmalige Änderung. Die Sperrfrist gilt nicht für Minderjährige.

Für Minderjährige gelten nun folgende Regelungen:

Bis zum 14. Lebensjahr sollen die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung abgeben können. Ab dem 14. Lebensjahr soll die Änderungserklärung selbst abgegeben werden, allerdings bedarf diese der Zustimmung der Sorgeberechtigten. Gibt es darüber Uneinigkeit oder Streit, kann die Zustimmung durch das Familiengericht ersetzt werden.

Eltern bekommen die Möglichkeit, anstelle von „Vater“ oder „Mutter“, nun „Elternteil“ in die Geburtsurkunde eintragen zu lassen.

Um Personen vor einem Zwangsouting zu schützen, ist es weiterhin verboten, frühere Vornamen oder Geschlechtseinträge ausfindig zu machen, um diese zu veröffentlichen. Eine absichtliche Schädigung zieht ein Bußgeld nach sich. Ein generelles Verbot des Misgenderns oder Deadnamings ist nicht festgelegt.

Das Selbstbestimmungsgesetz lässt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), die Autonomie des Sports, das private Hausrecht und die Vertragsfreiheit unberührt.

Ergänzungsausweis

Im Alltag, bei Polizeikontrollen und Razzien werden Personalpapiere (Personalausweis, Reisepass) benötigt, die dich als Person eindeutig ausweisen.

Bei trans* Personen können jedoch die Personalpapiere nicht mit der eigenen geschlechtlichen Einordnung übereinstimmen, solange die Vornamen- und/oder Personenstandsänderung noch nicht erreicht ist. Ähnlich kann dies auch beim äußeren Erscheinungsbild der Fall sein, wenn das von Außenstehenden falsch gedeutet wird, also das Passing nicht stimmig ist. Das führt sehr häufig zu unangenehmen, belastenden und erniedrigenden Fragen oder sogar gefährlichen Situationen.

Bei der Namensänderung wird der Wunschvornamen in alle amtlichen Papiere eintragen. Die Personenstandsänderung ist die Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags zu dem Geschlecht, mit dem du dich identifiziert (z.B. im Reisepass).

Damit es beim Vorzeigen deiner Ausweispapiere bei Polizei, anderen Behörden, Institutionen und Organisationen nicht ständig zu Kränkungen und Enttäuschungen kommt, beantrage einen Ergänzungsausweis bei der dgti (Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität). Dadurch entfällt der übliche Erklärungsbedarf mit den weit verbreiteten Irritationen. Der dgti-Ergänzungsausweis enthält alle selbstgewählten personenbezogenen Daten sowie ein aktuelles Passfoto, so dass nachvollziehbar wird, dass du die Person in den Ausweispapieren bist. Der Ergänzungsausweis führt alle Informationen in Deutsch, Französisch und Englisch auf und ermöglicht die Verwendung auf Reisen ins Ausland. Viele Polizist*innen, Mitarbeiter*innen von Behörden und auch z.B. von Krankenkassen oder Banken kennen den Ergänzungsausweis. Falls nicht, gibt es einen QR-Code auf dem Ausweis, der zu einem Text auf der dgti-Website führt und über der die Funktion des Ergänzungsausweises aufklärt.