Sexpraktik

Sexualität kann in Beziehungen oder außerhalb von Beziehungen gelebt werden. Sie kann ganz unterschiedliche Praktiken, Empfindungen und Gefühle umfassen. Sexualpartner*innen können trans*, cis oder non-binär sein, sie können unterschiedliche sexuelle Orientierungen haben, mono oder poly intim sein. Und nicht zuletzt: man kann auch mit sich selbst Sex haben! Es gibt also ganz schön viele Möglichkeiten. Jede*r muss selbst herausfinden, was sich schön, erregend oder geil anfühlt, worauf man keine Lust hat und wie man sich dabei im eigenen Körper wohlfühlt.

Einige Praktiken, die ganz unterschiedlich ausgelebt werden können, sollen hier kurz angesprochen werden, weil es unterschiedliche Safer-Sex-Regeln zu beachten gibt sowie unterschiedliche Sexspielzeuge, die bei den sexuellen Praktiken benutzt werden können.

Küssen
Sanft oder wild, mit oder ohne Zunge – küssen kann Teil vom Sex oder dem Vorspiel sein. Und keine Angst, nur wenige Krankheitserreger und auch kein HI-Virus oder anderer STI-Übertragungen werden beim Küssen übertragen, da oft nur geringe Mengen der Erreger im Speichel enthalten sind.
Allerdings können sich auch im Mund ansteckende Hautveränderungen befinden, sodass es dann auch beim Küssen zu einer Übertragung kommen kann. Das gilt für vor allem für Herpes-Bläschen, Feigwarzen und Syphilis-Geschwüre. Um das Risiko zu reduzieren, ist es empfehlenswert, z.B. während eines akuten Herpesausbruchs aufs Küssen zu verzichten und sich beispielsweise gegen Hepatitis A und B impfen zu lassen.

Streicheln
Den eigenen und den anderen Körper zu berühren, kann ein Teil vom Sex sein. Dabei müssen die Genitalien gar keine Rolle spielen, denn eine erotische Massage kann sehr anregend sein. Und: Streicheln ist sehr sicher und es besteht kein HIV-Ansteckungsrisiko.
Willst du auf Nummer-Sicher gehen, kannst du durch gründliches Händewaschen und ggf. die Verwendung von Handschuhen das Risiko für die Übertragung einer sexuell übertragbaren Infektion zusätzlich senken. Allerdings leidet mit der Verwendung der Gummi-Handschuhe für viele Leute die Erotik, da ein direkter Hautkontakt ausbleibt.

Fingern, Fummeln, Handjobs
Einzelne oder mehrere Finger – oder gleich die ganze Hand – können in Vagina oder den Anus eingeführt werden. (Neo-)Penisse und Klitpens können, so wie alle Genitalien, auch ohne Eindringen mit der Hand stimuliert, gerieben, massiert oder gestreichelt werden. Willst Du mit der Faust eindringen, dann solltest du als trans* Person vorsichtiger sein. Die Infos erhältst du im Abschnitt „Fisten„.

Wenn du mit deinen Fingern oder deiner Hand im analen oder vaginalen Bereich sexuell stimulieren oder befriedigen möchtest, besteht kein Risiko einer HIV-Übertragung oder anderer STI-Übertragungen, solange die Hände nicht mit Vaginalflüssigkeit, Sperma, Blut oder infizierten Hilfsmitteln (z. B. Gleitmittel) in Berührung gekommen sind.
Um Praktiken mit der Hand safer (sicherer) zu machen, können Latexhandschuhe getragen werden – oder: die eine Hand für deinen eigenen Körper, die andere eine Hand für einen anderen Körper benutzen.
Achte auf deine Finger- und Handhygiene. Bevor du beginnst, schneide deine Fingernägel und wasche deine Hände gründlich mit Wasser und Seife.
Achte darauf, dass du keine Wunden oder kleine Schnitte, weder an deiner Hand, noch an deinen Fingern hast.
Um keine Verletzungen an den Genitalien, am Anus oder an den Schleimhäuten herbeizuführen, kannst du auch viel wasserlösliches Gleitmittel benutzen.‘
Und: Viel Gefühl für den anderen verringert die Verletzungsgefahr.
Sollten mehrere Sexpartner*innen beteiligt sein, dann benutze Gummihandschuhe bzw. Fingerlinge als Schutz, damit kein infektiöses Sekret von deinen Fingern auf die anderen Sexpartner*innen übertragen werden kann.

Reiben, Scissoring, Frottage und Tribadie
Sich aneinander reiben, mit und ohne Bekleidung und ohne dabei eindringen Sexualverkehr zu praktizieren, ist eine Safer-Sex-Methode. Dabei werden die Genitalien oder andere erogene Zonen stimuliert und das kann sehr erregend sein.
Wenn die Kleidung dabei an bleibt und keine Körperflüssigkeiten (auch kein Menstruationsblut) ausgetauscht werden, birgt es kein HIV– oder STI-Ansteckungsrisiko.
Beim nackten Reiben können Risiken für HPV, Herpes, Syphilis, Tripper und/oder Genitalwarzen reduziert werden, indem ein Lecktuch zwischen die beteiligten Körperteile gelegt wird.
Es können allerdings Parasiten (z.B. Krätze) durch den Hautkontakt übertragen werden.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um ein Infektionsrisiko (Ansteckung) zu reduzieren:
• Du kannst Unterwäsche und/oder Hosen tragen, um den Haut-zu-Haut-Kontakt für den Genitalbereich zu reduzieren und dafür sorgen, dass keine Körperflüssigkeiten auf die Schleimhäute gelangen.
• Du kannst auch (mikrowellengeeignete) Plastikfolie mit Gleitmittel verwenden und diese auf die Genitalien, also zwischen dich und deine*n Sex-Partner*in legen.

Oral-Sex, Rimming, Anilingus
Oralsex bedeutet lecken, blasen, saugen – egal, welches Körperteil. Genitalien und auch der Po können natürlich auch mit Mund, Zunge und Lippen stimuliert werden. Es gibt mindestens so viele Techniken und Möglichkeiten wie unterschiedliche Vorlieben!
Das Risiko, dich mit HIV zu infizieren (anstecken), ist relativ gering, allerdings kann du dich mit anderen STI wie z.B. mit Hepatitis A oder Bakterien, die Durchfälle auslösen sowie mit Tripper anstecken.
Beim oralen Kontakt mit Körperflüssigkeiten, der Haut oder dem Po können Krankheitserreger übertragen werden.
Gegen diese Risiken können Barrieremethoden verwendet werden.

Grundsätzlich ist eine regelmäßige Körperhygiene eine gute Voraussetzung, um das Risiko bakterieller Infektionen zu senken.
Wenn du auf Barrieremethoden verzichtest, empfiehlt es sich, nicht direkt vor oder nach dem Blasen oder Lecken die Zähne zu putzen oder Zahnseide zu verwenden, da das zu kleinen Verletzungen führen kann, die die Übertragung von STIs begünstigen. Das Infektionsrisiko lässt sich weiter senken, wenn du bei offenen Wunden im Mund kein Sperma aufnimmst und auf orales Vergnügen verzichtest.
Bei einer (Neo-)Vagina kannst du mit Dental-Dams bei Cunnilingus die Wahrscheinlichkeit senken, eine sexuell übertragbare Infektion zu bekommen.
Bei Fellatio mit einem (Neo-)Penis kannst du dich mit Kondomen schützen.

Solltest du Blutungen, Geschwüre oder Beschwerden im Hals-, Kiefer- und Rachenbereich oder kürzlich eine OP gehabt haben, verzichte solange auf oralen Sex bis alles ausgeheilt ist.
Solltest du dich zuvor einer Genital-OP unterzogen haben, verzichte bis zur vollständigen Heilung darauf, dich oral befriedigen zu lassen, weil das Risiko, sich zu infizieren, kurz nach einer OP relativ hoch ist.

Muffing
Als Muffing wird die Stimulation der Leistenkanäle bezeichnet, die vorsichtig mit dem Finger penetriert werden können. Sie finden sich rund um die Stelle, wo der Hodensack angewachsen ist. Wenn man die Region streichelt und sanft erkundet, findet man zwei Stellen, an denen Finger ein kleines Stück weit eingeführt werden können. Eine gute Position, um das auszuprobieren, kann zum Beispiel sein, wenn man voreinander sitzt und die vordere Person ihren Rücken an die Brust der hinteren lehnt, während die hintere Person ihre Arme um die vordere legt und sie so stimuliert. Auch hier empfiehlt sich die Verwendung von Gleitgel, außerdem solltest du darauf achten, dass die Fingernägel so kurz sind, dass sie die Haut nicht verletzen kann.

Penetrativer (eindringender) Sex: Analsex und Vaginal-Sex
Penisse, Klitpens und ähnliche Körperteile können ebenso wie Strap ons für penetrativen Sex, also zum Eindringen in eine (Neo-)Vagina oder einen Anus, genutzt werden. Bei diesen Praktiken ist dein Risiko höher, dich vor allem mit HIV und STI anzustecken.
Um dich zu schützen, kannst du Kondome oder auch Femidome verwenden.
Die Verwendung von Gleitgel kann gegen unangenehme Reibung helfen, die auch zu kleinen Verletzungen führen kann. Wenn du Gleitmittel benutzt, dann reichlich und nur silikonbasiertes oder wasserlösliches.
Tipp: Nach penetrativem (eindringendem) Sex pinkeln zu gehen, senkt die Wahrscheinlichkeit für Blasenentzündungen, weil es Bakterien aus der Harnröhre spült.
Da es STIs gibt, die über Haut-zu-Haut-Kontakt übertragen werden, solltest du daran denken, dass durch die Benutzung von Kondomen das Risiko einer Ansteckung zwar gesenkt, aber nicht verhindert werden kann und der Schutz sich nur auf die Körperzone bezieht, die durch das Kondom geschützt ist. Das gleiche gilt für Dental Dams und auch für Gummi-Handschuhe.

Solltest du Sex mit mehreren Sexpartner*innen gleichzeitig haben und eindringenden Verkehr mit Penissen oder Sexspielzeug praktizieren, dann benutze bitte für jeden ein neues Kondom.
Verkrampfte oder angespannte Körperöffnungen zu penetrieren (einzudringen) ist nicht nur unangenehm, sondern birgt auch ein Verletzungsrisiko. Also: am besten darauf achten, dass sich alle wohlfühlen, jede*r in seinem*ihrem Tempo und bei Schmerzen lieber pausieren oder zu einer anderen Praktik wechseln.

Nun kommen wir zu verschiedenen Vorlieben und Praktiken, die von der sexuellen Norm abweichen. Sie hängen oft nicht unmittelbar mit Genitalien zusammen und können daher auch für Personen, die sich (aktuell) mit ihren Genitalien nicht gut fühlen, eine Alternative sein – wenn man denn darauf steht. Hier nur einige Begriffe: BDSM, Kink, Fetisch, Fisten, Sexspielzeuge/Sextoys,
Natursekt und Kaviar, Chemsex